Maristische Pädagogik
und Spiritualität
Der Ausdruck „maristisch“ leitet sich von der ursprünglichen Ordensbezeichnung ab, die der Ordensgründer, Marcellin Champagnat (20.05.1789 – 06.06.1840), seiner Gemeinschaft gab. Er nannte sie „Kleine Brüder Mariens“.
Durch diese Namensgebung wollte Marcellin Champagnat insbesondere den Blick auf Maria, die Mutter Jesu, lenken. Maria solle den Brüdern Vorbild im Handeln und Orientierung im Glauben sein. Von Maria kann und soll die Kirche lernen, mütterlich, mystisch und prophetisch zu sein.
Marcellin Champagnat verfasste kein tiefgründiges theoretisches Konzept. Vielmehr bildete er Lehrer mit Weitblick und praktischem Verstand aus und gründete Schulen und Internate, um die Bildungsnot seiner Zeit zu lindern. Marcellins Antwort bestand nicht darin, die Misere zu beklagen und Anderen Ratschläge zu geben, sondern er fühlte sich selbst zum Handeln herausgefordert.
Sein Konzept versucht auch heute, auf die aktuell erfahrbaren Nöte der Welt besonders bei Kindern und Jugendlichen einzugehen und dem Heranwachsenden und Suchenden eine Antwort auf seine Sehnsucht nach Sinn und Werten zu geben.
Es sind im Wesentlichen sechs Elemente, die maristisches Handeln prägen.
1. Solidarität: Die Menschheit, unsere Gesellschaft, das Maristenkolleg und jede Klasse ist eine Gemeinschaft, in der jeder Einzelne wichtig und wertvoll ist,
in der man sich gegenseitig wertschätzt und unterstützt. Wenn jemand Hilfe braucht, sind andere für ihn da und versuchen, ihm zur Seite zu stehen.
2. Familiengeist: Wie die Mitglieder einer liebenden Familie sehen wir trotz aller Fehler stets das Gute in unseren Mitmenschen. Wir gehen respektvoll, herzlich, ehrlich und verständnisvoll miteinander um. Verantwortung zu übernehmen ist eine Selbstverständlichkeit. Wir sind gut organisiert und vorbereitet, um den anderen das Leben zu erleichtern.
3. Einfachheit: Wir sprechen klar und verständlich, ohne Doppeldeutigkeit. Das Gute tun wir in Stille, ohne Aufsehen zu erregen oder anzugeben. Wir sind Gott auch für kleine Dinge dankbar und versuchen, einen einfachen Lebensstil ohne überflüssigen Luxus und Konsum zu führen.
4. Präsenz: Wir sind voll und ganz da für den anderen und aufmerksam für das, was der andere gerade braucht. Es geht nicht nur um körperliche, sondern besonders um geistige Anwesenheit. In Gesprächen sind wir ganz Ohr und interessieren uns für die Lebensrealität des Anderen. Wir leben im Hier und Heute und versinken nicht in der Vergangenheit oder in der Zukunft, denn dann verpassen wir die Gegenwart.
5. Wie Maria: Maria musste in ihrem Leben sehr viel aushalten, was sie selbst nicht verstanden hat: Sie musste ihr Kind in einem Stall zur Welt bringen, sie war Flüchtling in Ägypten, hat ihren Sohn oft genug nicht verstanden und hat unter seinem Tod am Kreuz gelitten. Trotzdem hat sie ihr Vertrauen auf Gott nie verloren. Sie wirkte im Hintergrund, war taktvoll, einfühlsam und da, wo man sie brauchte. Daran wollen wir uns orientieren und sie als Vorbild betrachten.
6. Liebe zur Arbeit: Schüler sein – das ist harte Arbeit, die nicht immer Spaß macht. Wer aber ein Ziel erreichen will (Realschulabschluss, Abitur), der muss seine Bequemlichkeit überwinden und (an sich) arbeiten. Durch Arbeit erkennen wir, was wir gerne tun, was wir bereits können und wo wir uns noch verbessern müssen. Wenn wir versuchen, unsere Arbeit gern zu tun, sind wir für uns selbst und unsere Mitmenschen eine Bereicherung.
Aisling Demaison
Die Schaffung der Stelle einer Direktorin für Maristische Erziehung in der Provinz Europa-Zentral-West ist eine der wichtigsten Folgen der Erziehungskonferenz, die im Juni 2014 in Guardamar in Spanien stattfand. Die Aufgabe beinhaltet die Förderung des charakteristischen maristischen Geistes in bestehenden und früheren Maristenschulen und die Unterstützung der Einrichtung von lokalen maristischen Gruppen sowie die Koordination aller Aktivitäten in der Provinz. Auch die weitere Entwicklung eines Netzwerkes der Schulen, das sich bereits in den vergangenen Jahren etabliert hat, vor allem durch die Teilnahme am Marist Leadership Institute in den USA und an den Erziehungskonferenzen der Provinz, gehört zu den Aufgaben.
Frau Aisling Demaison, die neue Direktorin für Maristische Erziehung der Provinz und ein ehemaliges Mitglied des Lehrerkollegiums am Moyle Park College in Dublin (Irland), einer maristischen Schule, war bisher die stellvertretende Leiterin einer internationalen Schule in Lausanne (Schweiz). Die Provinz berief sie das Amt der Direktorin für Maristische Erziehung in Übereinstimmung mit den Bemühungen, mehr Laien in Schlüsselrollen des maristischen Lebens und der maristischen Mission einzubinden und zu beschäftigen.
Frau Demaison hat folgende Quellen für die Kommunikation und in den sozialen Netzwerken eingerichtet:
www.facebook.com/maristeducationeu
www.twitter.com/MaristEducation
Es sind im Wesentlichen drei Elemente, welche die maristische Pädagogik und Spiritualität prägen, deren Umsetzung vom Ideal in die Wirklichkeit viel Phantasie, ungebrochenen Idealismus und Mut braucht.
1. Solidarität und Geschwisterlichkeit mit Menschen, die Unterstützung benötigen: Marcellin Champagnat setzte sich ein für Arme, Schwache und Benachteiligte, insbesondere für Kinder und Jugendliche auf dem Lande, die gegenüber den Stadtkindern zu seiner Zeit stark benachteiligt waren. Hauptaufgabe war für Champagnat dabei nicht einfach die Vermittlung von Allgemeinwissen, sondern: „Es geht um ein umfassenderes Ziel: Der Schüler soll erkennen, dass er von Gott geliebt ist, und dazu angeleitet werden, in Antwort darauf, auch selbst Gott zu lieben.“ Für Marzellin besteht die Aufgabe des Lehrers darin, „den Kindern und Jugendlichen zu helfen, gute Christen und Staatsbürger zu werden.“ Persönliches Beispiel und die stete Sorge um die jungen Menschen sind wichtige Elemente maristischer Pädagogik, die er so zusammenfasst: „Um die Kinder gut zu erziehen, muss man sie lieben.“ So wird die Liebe Gottes bei den Menschen sichtbar. Sein Auftrag an uns ist heute genauso aktuell wie damals, wenn er verlangt, „dass wir auf die Erwartungen und Bedürfnisse der heutigen Jugend eine Antwort geben.“ F. Herbert Scheller bringt es so auf den Punkt: „Unser Ansatzpunkt muss bei den Bedürfnissen der Menschen liegen, die auf der Suche sind und die oft nicht erkennen, dass unsere Antworten nicht fürs Museum, sondern gerade für unser heutiges Leben taugen.“
2. Einfachheit und Bescheidenheit: Marzellin selbst führte ein sehr einfaches Leben, das für manche Zeitgenossen nicht mit der Ehre seines Standes vereinbar schien: Priesterliche Mitbrüder wollten „ihn seines Amtes entheben lassen mit der Begründung, dass er den Priesterstand entehrte, indem er ein erbärmliches und zu armes Leben führte.“ Für den Umgang mit den jungen Menschen hielt er fest: „Wir gehen auf die jungen Menschen in ihrer konkreten Lebenssituation zu. Mutig wagen wir uns in Bereiche vor, selbst wenn diese für uns Neuland sind, wo materielle und geistige Armut sichtbar machen, dass die Menschen dort auf Christus warten. Wir bekunden den jungen Menschen unsere Aufmerksamkeit und unser Interesse, und wir begegnen ihnen in bescheidener, einfacher und selbstloser Weise.“ „Wir helfen ihnen (= den jungen Menschen), ihre Berufung in Kirche und Welt zu finden.“
3. Liebe und Respekt: Marzellin legte großen Wert auf den respektvollen Umgang der Erzieher mit den Jugendlichen. „Wir handeln so, wie Maria es tat, taktvoll, einfühlsam und in Achtung vor jedermann.“